Vor etwas mehr als 20 Jahren nahm ein Pilotprojekt zur „Zeugenbegleitung in Stuttgart“ seinen Betrieb auf. Die Besonderheit des Stuttgarter Modells war die frühe Einbindung ehrenamtlich Engagierter – ein Ansatz, der bis heute die hauptamtliche Arbeit von PräventSozial in diesem Fachbereich ergänzt und bereichert. Seit Projektstart um die Jahrtausendwende hat sich in Sachen Opferschutz einiges getan. Nicht nur rechtlich wurde die Rolle Betroffener in Strafverfahren sukzessive gestärkt, zum Beispiel durch die Einführung der Psychosozialen Prozessbegleitung im Januar 2017. Insgesamt ist die Sensibilität für die hohe Belastung, die die Situation für Menschen im Zeugenstand mit sich bringt, gewachsen. Inzwischen sind bei PräventSozial drei hauptamtliche Psychosoziale Prozessbegleiter*innen sowie rund 20 geschulte ehrenamtliche Zeugenbegleitpersonen tätig. Ihrer herausfordernden Arbeit am Schnittpunkt zwischen Pädagogik und Justiz liegt dabei die Annahme zugrunde, dass weniger unsichere Zeug*innen qualitativ bessere und vollständigere Aussagen tätigen, die dem Gericht dabei helfen können, ein gerechtes Urteil zu fällen. Weitere Informationen zum Tätigkeitsfeld der Zeugen- und Prozessbegleitung finden Sie hier.
Als Auftaktveranstaltung des 20-jährigen Bestehens unserer Justiznahen Zeugenbegleitung fand am Freitag, 5. Februar 2021, mit Herrn Minister der Justiz und für Europa Baden-Württemberg Guido Wolf MdL, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Bewährungshilfe Stuttgart e.V. und Richter am Oberlandesgericht Matthias Merz sowie der langjährigen ehrenamtlichen Zeugenbegleiterin Bonita Fein ein Pressegespräch statt.
Herr Minister Wolf MdL appellierte hierbei für eine Ausweitung sowie eine langfristige und solide Finanzierung dieses Unterstützungsangebots: „Aus meiner Sicht sollten die Möglichkeiten, in denen eine psychosoziale Prozessbegleitung möglich ist, noch ausgebaut werden. Bei der vergangenen Justizministerkonferenz haben sich die Länder, unter wesentlicher Beteiligung Baden-Württembergs, dafür ausgesprochen, über eine Verpflichtung des Gerichts nachzudenken, wonach minderjährigen Verletzten bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen von Amts wegen eine psychosoziale Prozessbegleiterin bzw. ein psychosozialen Prozessbegleiter beizuordnen ist, also auf ein Antragserfordernis zu verzichten. Zudem sollte der Anspruch auf Beiordnung einer psychosozialen Prozessbegleiterin bzw. eines psychosozialen Prozessbegleiters aus meiner Sicht für Verletzte in gravierenden Fällen häuslicher Gewalt ausgedehnt werden, diese Situationen sind von den bisherigen Voraussetzungen nicht immer erfasst. Aus meiner Sicht sollte zudem geprüft werden, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen auch bei erwachsenen Verletzten auf das unbestimmte Tatbestandsmerkmal der besonderen Schutzbedürftigkeit verzichtet und den Verletzten die Antragstellung erleichtert werden kann. Über diese aktuellen rechtspolitischen Fragen hinaus wird es aus meiner Sicht in den kommenden Jahren Aufgabe der Politik sein, auch in Zeiten knapperer Kassen, den Einrichtungen wie PräventSozial die finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, die sie und ihre Ehrenamtlichen für ihre Arbeit benötigen.“
Einige Zeitungsformate berichteten über die Auftaktveranstaltung, darunter der Staatsanzeiger Baden-Württemberg, die Stuttgarter Zeitung / Stuttgarter Nachrichten (Angstfrei in den Zeugenstand) und die Eßlinger Zeitung (Gegen die Angst vor der Zeugenbank).
Vielen Dank an alle Beteiligten des Pressegesprächs und herzlichen Dank an unsere Ehrenamtlichen, die sich mit viel Engagement, Zeit und Tatkraft für den Opferschutz in unserer Region aktiv stark machen.