„Knast ohne Gitter – Wie funktioniert alternatives Strafen?“ Zu diesem griffigen Titel haben das ZDF und arte eine Reportage gedreht, die am 18./19. Oktober 2019 im Fernsehen bei „Plan-B“ und im arte-Format „Re“ ausgestrahlt wurde. Für ein Jahr wird der Beitrag in der Mediathek zu sehen sein – Nicht verpassen & schnell anschauen: Plan-B und Re.
Das Netzwerk Straffälligenhilfe Baden-Württemberg koordiniert landesweit die Durchführung des Programms Schwitzen-statt-Sitzen. PräventSozial setzt das Projekt im Landgerichtsbezirk Stuttgart um. Bei Schwitzen-statt-Sitzen werden Menschen unterstützt, die eine Geldstrafe nicht bezahlen können und diese in gemeinnützige Arbeit umwandeln, um damit eine drohende Ersatzfreiheitsstrafe zu vermeiden. Neben den Vorteilen, die diese Form der Tilgung für die Arbeitsstündler selbst hat, profitiert auch das Land. Jeder vermiedene Hafttag spart dem Staat viel Geld.
Die Ableistung gemeinnütziger Arbeit ist für manche jedoch viel mehr, als „nur“ die Tilgung ihrer Geldstrafe. Weitere Problemlagen können in den Erstgesprächen zur Vermittlung in gemeinnützige Arbeit identifiziert und, sofern gewünscht, in weiterführenden Hilfsangeboten von PräventSozial bearbeitet werden. So auch geschehen bei unserem Klienten Detlef, der an der Reportage mitgewirkt hat. Nach der Ableistung seiner 16 Arbeitsstunden nahm er an unserem Arbeitsprojekt INSA+ (Integration Straffälliger & von Straffälligkeit Bedrohter in Arbeit) teil. Dort wird er von zwei Arbeitserziehern und einer Sozialarbeiterin bei der Wiedererlangung von Schlüsselqualifikationen seiner Arbeitsfähigkeit unterstützt.
INSA+ bietet ferner einmal wöchentlich ein Soziales Kompetenztraining an. Hierbei kommt hin und wieder auch ein neuer Ansatz, der bei PräventSozial seit Anfang des Jahres angewandt wird, zum Einsatz: Tiergestützte Pädagogik. So durfte unser Therapiebegleithund Watson mit seinen jungen drei Jahren bereits Filmluft schnuppern und zeigt sein Können in der Reportage beispielhaft in der Interaktion mit Detlef.
Zum Hintergrund unseres neuen Projekts: Mit dem tiergestützten Angebot „Dogs welcome – People tolerated“ möchte PräventSozial insbesondere Klient*innen erreichen, die bereits ein oder mehrere sozialpädagogische und/oder therapeutische Hilfsangebote durchlaufen haben. Sowohl Täter*innen, als auch Straftatenopfer weisen häufig eine unsichere Bindung auf, welche auf wiederholt negative Erfahrungen mit Bezugs- & Bindungspersonen basiert. Der Umgang mit Menschen kann dadurch „vorbelastet“ sein, die Annahme von Hilfe mitunter schwierig. Durch den Einsatz von Therapiebegleithunden möchten wir einen neuen Bezugsrahmen schaffen, der es uns ermöglicht, über den eingesetzten Hund als sozialen Katalysator eine tragfähige Arbeitsbeziehung zum Hilfsbedürftigen aufzubauen. Durch die Schulung der nonverbalen Kommunikation im Umgang mit dem eingesetzten Tier kann, unter Anleitung des Professionellen, ein Transfer für konfliktfreie, zwischenmenschliche Interaktionen gezogen werden. Stressreduktion, z.B. durch die nachgewiesene Ausschüttung von Oxitozyn, schafft ferner eine konstruktive Beratungsatmosphäre, in der auch über schwierige Themen, wie Traumata oder Tataufarbeitung gesprochen werden kann.
Und es wird noch besser: Schon bald bekommt Watson voraussichtlich tierische Verstärkung. Mit Dorothee Weinreich, Psychologin unserer Psychotherapeutischen Ambulanz und Lisa Huzel, die im Herbst 2019 ihr duales Studium im Studiengang „Soziale Dienste in der Justiz“ startet, hat sich unter Leitung von Sabine Kubinski bei PräventSozial ein Kleinteam zur Tiergestützten Pädagogik gebildet. Wir sind gespannt und hochmotiviert, dieses vielversprechende Arbeitsfeld bald auszuweiten und in der Straffälligen- & Opferhilfe zu etablieren.